Bunt gemischt

⛅1.9.2024
Menschenmassen
Erstaunlich viele Menschen sind heute im Wald unterwegs. Es ist, als hätte sie das kühle Wetter aus ihren Nestern getrieben. Drei munter plaudernde Frauen, die an mir vorbeijoggen. Ein junger Mann mit Hund. Eine Gruppe von 5 Erwachsenen mit mehreren Kindern, die lachend und Stöcke schwingend vorauslaufen. Und ein Wanderer, der mir interessiert dabei zusieht, wie ich die Pflanzen am Wegrand fotografiere, und deren Namen wissen will. Richtiger Trubel für mich. Denn oft treffe ich stundenlang gar niemanden.
Geliebter verhasster Neophyt
Der Boden ist vom nächtlichen Regen immer noch nass. Matschig und fast geruchslos die Pferdeäpfel mitten auf dem Weg. Die Wiesen haben sich vom letzten Schnitt prächtig erholt. Auch der Bärenklau ist nachgewachsen. Nicht viel höher als das umgebende Gras sind die jungen Blattrosetten.
Gegen die Stirnseite des Holzstapels am Waldrand lehnt sich rot- und weißblütiges Springkraut. Hast du die riesigen Blüten mit den tiefen Kelchen schon einmal gekostet? Natürlich, nachdem du dich vergewissert hast, dass kein Insekt darin verbogen ist. Mir schmecken vor allem die weißen. Aber mehr als 5 oder 6 auf einmal kann ich nicht davon essen.
Noch sind die Samenkapseln geschlossen. Doch auf leichten Druck geben viele von ihnen schon nach und schleudern ihren Inhalt heraus. Schließ am besten deine Hand drum herum! Damit du die Samen auffangen kannst. Kleine weiße, braune oder schwarze Kerne mit nussigem Geschmack. Davon krieg ich nicht genug.
Gut gedüngt
Die stacheligen Samenstände des Hohlzahns daneben sind großteils schon leer. Nur wenige schwarze Kerne fallen heraus, als ich ein paar der Pflanzen vorsichtig schüttle. Schade! Denn die könnte ich als Keimsaat für den Winter verwenden.
Viel üppiger sind da die unterarmlangen Antennen der überdimensionalen Breitwegerichpflanzen. Das muss wohl eine besonders nährstoffreiche Erde sein! Vielleicht liegt es an den Pferden, die bei den Ausritten für reichlich Dünger sorgen.
Direkt vom Wegrand mag ich sie nicht nehmen. Aber von weiter hinten angle ich mir ein paar der Fühler. Mit dem Messer muss ich die faserigen Stängel kappen, um nicht die ganze Pflanze auszureißen. Die grünen Samen streu ich gerne reichlich über meinen Salat. Die schon trockenen braunen behalt ich für den Winter auf. Heimische Flohsamen samt Schalen. Unverarbeitet und aus meinem Lebensumfeld. Und nicht aus fernen Ländern importiert, wo Qualitätskontrolle für mich unmöglich ist.
Kniehoch sind die Brennnesseln ein paar Meter weiter nachgewachsen. Ihre Triebspitzen sammle ich in meinen Beutel. Das junge Ruprechtskraut wandert gleich in meinen Mund. So wie die Blüten der Nachtkerzen, die den Tag ohnehin nicht überleben würden.
Nackedei
Nackt steht der Gefleckte Schierling auf der Seite gegenüber und reckt seine buchtig gekerbten Früchte in die Luft. In ihnen das tödliche Gift, das zu Pulver gestampft und auf Wasser gestreut den berühmten Schierlingsbecher gibt, der Sokrates zum Verhängnis wurde. Frech versucht der Rotklee, mich zu täuschen. Rankt sich am gefleckten Stiel empor und gibt ihm ein harmloses Blätterkleid.
Die Blüten der Wilden Möhre schließen sich zu Nestern, um ihre Samen reifen zu lassen. Wie die Pantoffeltierchen aus dem Biologieunterricht sehen sie aus mit ihrem dichten Wimpernkranz. Darunter junge Blattrosetten vom Spring-Schaumkraut. Und auf Augenhöhe reifen die paar Holunderbeeren, die noch an der Rispe verblieben sind.
Nachschub
Ein Abstecher auf den nahen Hang. Mein Pilzvorrat ist fast zu Ende und wenn ich schon im Wald bin …
Gelb leuchten die Stiele der Trompetenpfifferlinge am Bach. Riesige, noch feste Eierschwammerl mit weißem Fleisch gibt’s im Jungwald. Auch ein Parasol, dem der Regen die Tupfen abgewaschen hat, ist für mich dabei.
Sanft klopft der Beutel mit seinem Hut an meine Seite. Es tropft aus dem mit den Trompetenpfifferlingen. Die Brennhaare der Brennnesseltriebspitzen haben schon längst ihren Weg durch den Stoff auf meine Haut gefunden. Wie immer baumeln mehrere Beutel von meinen Schultern. Die einen schon gefüllt, die anderen bereit, noch mehr von den wunderbaren Schätzen der Natur aufzunehmen.
Scharf
Fast zwei Meter ist der blühende Beifuß in die Höhe geschossen. Gelb leuchten die Kanadischen Goldruten dahinter. Dekorativ sitzt der Kiefern-Braunporling auf dem zersetzten Baumstumpf. Ich geh daran vorbei, denn ich suche etwas ganz Bestimmtes.
Und endlich. Genau darauf hab ich hingesteuert. In der Hoffnung, noch junges Grün zu finden. Wo ich im Frühling schon geerntet und die Blüten fotografiert hab, stehen immer noch ein paar Büschel wilder Kren. Die riesigen Blätter gewellt und verdreht. Der hellgrüne Stiel geht direkt in die Mittelrippe des dunkleren Blattes über. Scharf ist er, doch nicht so intensiv wie die Wurzel, die du im Herbst ernten kannst.
Ich schiebe das Krenlaub mit den Händen auseinander, bis ich die Stelle sehe, an der die Stiele aus der Erde wachsen. Ja. Wenige, aber doch ein paar Blätter sind neu herausgewachsen. Hellgrün und kerzengerade wie Pfeile nach oben. Kräuseln würden sie sich erst später. Doch dazu kommen sie nicht mehr. Denn ich nehm sie mit. Als geschmackvolle Bereicherung für meinen Salat, der heute wohl aus Löwenzahn-, Breitwegerich- und Kohldistelblättern bestehen wird, die rundherum wachsen. Sogar ein paar junge Gänsedisteln sind dabei. Ich zupfe die radieschenförmigen Teile ab, zu denen sich die verwelkten Blüten geschlossen haben. Die saftigen Knospen-Fässchen lass ich dran.
Die Kren-Stiele kommen kleingeschnitten ins Pfannengemüse. Brennnesseln hab ich schon. Gänsefingerkraut sammle ich hier. Noch Zwiebeln, Knoblauch und Ingwer dazu, und fertig ist mein Abendessen. Gebratene Pilze mit wildem Gemüse und Salat
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