Aufprallschutz
16. Dezember 2023
Schäfchenwolken
Ein Freund hat mich mit dem Auto mitgenommen und lässt mich direkt an der großen Wiese aussteigen. Strahlender Sonnenschein, nur ein paar Schäfchenwolken haben sich in den blauen Himmel verirrt. Der Schnee ist so hart, dass ich kaum einsinke. Ich gehe schnurstracks auf den kleinen Hügel zu, an dem der alte Hollerbusch steht. Schon seit vielen Jahren kenne ich diese Bank. Vor allem ältere Pärchen genießen hier gerne die Sonne. Aber ich bin nicht zum Sitzen hergekommen. Ich habe auf Judasohren gehofft. Und wirklich: Groß, samtig weich und vor Frische leuchtend kleben sie am Stamm. Genug, um den halben Beutel damit zu füllen.
Federwirkung
Meine Schuhe sind sauber. Ich war ja nur im Schnee. Also steige ich kurzerhand auf die Bank, um mir das Ernten zu erleichtern. Nur ein einziger Pilz wächst außer meiner Reichweite. Soll ich ihn lassen? Oder doch lieber nehmen? Ich rüttle an der Bank. Sie steht fest und sicher, bewegt sich keinen Millimeter. Also wieder auf die Sitzfläche und dann, ganz vorsichtig, auf die Lehne. Mit beiden Füßen. Ich halte mich am Stamm fest und greife nach dem Judasohr. Und da passiert’s. Wie in Zeitlupe kippe ich nach hinten. Mitsamt der Bank. Und lande rücklings hart auf dem gefrorenen Boden. Nur mein Hinterkopf federt weich zurück. Ich hätte nie gedacht, dass eine Haarklammer ein so toller Aufprallschutz sein kann!
Schnell aufgerappelt. Ein kurzer Blick nach hinten: Keiner hat’s gesehen. Über meine eigene Dummheit lachend mache ich mich auf den Weg. Wer anderen Vorsicht predigt, der sollte sich besser auch selbst daran halten!
Für Nachwuchs ist gesorgt
Heut bin ich erst spät aus dem Haus gekommen. Mein Schatten ist lang und dürr. Schon in zwei Stunden wird die Sonne untergehen. Der Regen der letzten Tage hat einen Teil der Schneedecke wieder weggefressen. Löwenzahn, Rotklee und winzige Brennnesseln liegen zwischen großen, welken Ampferblättern und hartgefrorenen Maulwurfshügeln am Boden. Kahl zeichnen sich die Gerippe abgestorbener Bäume gegen das Azur des Hintergrunds ab.
Am sonnigen Hang lädt eine Bank zum Verweilen ein. Agenehm gerundet und breit genug für zwei. Hasenspuren kreuz und quer. Zersplitterte Stämme. Grüne Flechten an alten Kiefern. Nachtkerzen-Blattrosetten schmiegen sich an den Hang. Ihre Samenstände präsentieren sich mit geöffneten Kapseln. Sie haben schon längst für eine neue Generation gesorgt, während aus den Schilfkolben immer noch wollige Samenschirmchen quellen.