Beerenklauben im Schnee
2. Dezember 2023
Neuschnee
25 cm Neuschnee über Nacht. Busse kämpfen sich durch die verstopfte Stadt. Die Fahrgäste stehen teilweise bis zu den Knien im matschigen Schnee, der vom Räumdienst zu langen Wällen am Straßenrand zusammengeschoben wurde. Auch für mich wird das Aussteigen am Stadtrand zum Problem. Rutschig ist der Gehsteig. Ich gehe in Schlangenlinien bergauf. Vorbei an Hausbesitzern, die den Gehsteig vor ihrem Grundstück freischaufeln. Rund um Schneeschaufeln, die am Boden liegen, während ihre Besitzer die weißen Hauben von ihren Autos kehren.
Schneeball in Blutrot
Der Park ruht fast unberührt unter seiner dicken weißen Decke. Die Enten sitzen am Ufer des gefrorenen Sees, den Kopf unter den Flügel gesteckt. Immer wieder durchbrechen Detonationsgeräusche den gedämpften Verkehrslärm. Auf der Nordkette werden Lawinen gesprengt, bevor sie groß genug sind, um bis ins Tal zu rauschen.
Ich stapfe durch den unberührten Schnee und genieße die Stille. Belebend strömt die klare Luft in meine Lungen. Wieder einmal sind es die blutroten Beeren des gemeinen Schneeballs, die Farbe in diese vorweihnachtliche Winterlandschaft bringen. Mit der weißen Last schwer beladene Zweige hängen bis auf den Boden. Ich ziehe sie nach oben und finde Rispe um Rispe voll praller Beeren. Mit klammen Fingern zupfe ich sie vom Zweig, hauche meine Hände immer wieder an, wenn sie ganz gefühllos geworden sind, und ernte schließlich mit Handschuhen weiter.
Beerenklauben im Schnee. „Sind die für die Vögel – oder gar für Sie selber?“ fragt lachend eine ältere Dame.