So viel Pech
17. Jänner 2023
Wintergrün im Eis
Es ist eiskalt. Kein Geräusch ist zu hören außer dem Plätschern des Baches und dem Klopfen meiner Bergstöcke auf dem steinhart gefrorenen Boden. Schnee liegt keiner mehr. Nicht einmal hier auf knapp über 1.000 Höhenmetern.
Ich bin eine Haltestelle früher aus dem Bus gestiegen als geplant. Den Trubel überlasse ich den vielen Skifahrern, die bis zur Endhaltestelle gefahren sind. Sie werden auf dem schmalen weißen Band aus Kunstschnee über die sonst grün-braune Piste talwärts sausen. Gedränge und Stimmengewirr bei der Talstation. Musik und gut besetzte Tische im Restaurant in der Bergstation.
Nur ein paar hundert Meter davon entfernt bin ich alleine im Wald. Jedenfalls fast. Ein kurzes Rascheln rechts von mir. Drei Rehe brechen aus dem Dickicht. Sie queren den Weg nur wenige Meter vor mir und verschwinden gleich wieder im Jungwald auf der anderen Seite.
Hundert Meter höher liegt der Schnee wie ein dünner weißer Flaum auf Kräutern und Stauden. Ich steige die Böschung zum Bach hinunter.
⇒ Hast du dir so einen winterlichen Gebirgsbach schon einmal genauer angeschaut?
Die Oberfläche ist mit bizarren Eisformationen verkrustet. Darunter gurgelt und plätschert es. Bachbunge und bitteres Schaumkraut lassen ihre Triebe ungerührt im Wasser treiben. Manche sind sogar ins Eis eingeschlossen. Aber nicht einmal das macht den widerstandsfähigen Pflanzen etwas aus. Sogar jetzt kannst du davon ernten und frisches Grün mit nach Hause nehmen. Aber natürlich nur von da, wo es reichlich vorhanden ist.
Wer will schon Pech haben?
Pech, das Gegenteil von Glück – das will ich auch nicht haben! Aber bei uns sagt man zum Baumharz Pech. Und das sammle ich bei Minusgraden gerne. Denn bei diesen Temperaturen ist es so hart, dass ich es meist sogar mit den Handschuhen vom Baum lösen kann, ohne dass es daran kleben bleibt. Viele der Fichten, Kiefern und Lärchen am Rand des Forstweges sind beschädigt. Hier streifen die Wald- und Forstarbeiter mit ihren Traktoren und Lastwägen bei der Holzarbeit. Aber auch der Schneepflug erwischt die Bäume oft, wenn er mit seiner breiten Schaufel viel zu weit über den Wegrand hinausgreift.
Wird ein Nadelbaum verletzt, dann “blutet” er. Harz tritt aus. Es desinfiziert und verschließt die Wunde. Dadurch schützt es den Baum vor dem Eindringen von schädlichen Insekten und Pilzsporen.
Zuerst ist es flüssig und fast weiß. Mit der Zeit wird es zäher und dunkler.
⇒ Ist dir schon einmal aufgefallen, wie unterschiedlich die Farben von Harz sein können?
Von glasklar und hell bernsteinfarben bis trüb und dunkelgelb. Mit Einschlüssen von Insekten, Nadeln und Rindenstücken. Oder mit Krusten von Pollen überzogen. Manchmal ist das Harz auch rötlich gefärbt mit hellen, weißlichen Einschlüssen. Dann sieht es fast so aus wie ein Stück rohes Fleisch. So wie das Lärchenpech von heute.
Tipps:
- Wenn du Harz sammelst, dann achte bitte darauf, dass du nur überschüssiges nimmst! Kratze nichts von der Wunde selbst, um sie nicht wieder zu öffnen und damit den Wundschutz zu zerstören.
- Lass die gesammelten Tropfen, Kugeln oder Klumpen zuhause am besten noch 1 bis 2 Wochen offen liegen. Breite sie dazu an einem trockenen Platz ohne Sonneneinstrahlung aus. Größere Harzklumpen solltest du nicht zerteilen, da sonst wertvolle ätherische Öle entweichen können. Brich sie erst direkt vor dem Gebrauch in kleinere Stücke.
- Deinen duftenden Schatz aus dem Wald kannst du zum Räuchern verwenden. Vor allem in den Raunächten um Weihnachten ist das Tradition. Du kannst aber auch Pechsalbe daraus machen.