Fahrradsättel
⛅26.9.2024
Carpe diem
So viel zu sammeln! Jeder trockene Tag will genutzt werden, um die Herbsternte einzubringen.
So viel zu verarbeiten! Hagebutten, Weißdornäpfel, Preiselbeeren und Vogelbeeren aus der wilden Natur warten darauf, für den Winter haltbar gemacht zu werden. Äpfel, Birnen und Quitten aus den Gärten von Freunden wollen ihr Leben als Saft, Mus, Kompott und Fruchtleder verlängern. Eicheln und Bucheckern aus den Parkanlagen liegen zum Trocknen aus. Ihre Schale muss erst geknackt und entfernt werden.
Wo finde ich da die Zeit, mich an den Computer zu setzen?
Und doch will ich meine Erlebnisse mit dir teilen! Denn jeder Erntegang ist ein Abenteuer. Ein Schritt zurück zu Mutter Natur. Und weiter in Richtung Selbstversorgung. Für mich – und für dich!
Zahnstocher
Breit ist die Schneise unter den Hochspannungsmasten. Dünn und gerade wie Zahnstocher stehen die Fichten an beiden Seiten. Ein Jahrgangsforst mit den Kronen auf gleicher Höhe und nackten Stämmen. Nur vereinzelt haben sich ein paar Lärchen und Kiefern dazwischengedrängt, wo eine Lücke im Kronendach war.
Brombeerranken teilen sich den Platz zwischen den Baumstümpfen mit Greiskraut und Tollkirsche. Das eine gleich in mehreren Varianten. Mit langen, ovalen oder gefiederten Blättern, doch immer mit leuchtend gelben Blüten. Ausgebreitet wie kleine Sonnen strahlen die vom Schmalblättrigen- und vom Hain-Greiskraut. Grüne Tütchen mit gelben Spitzen findest du beim Wald-Greiskraut.
Verwechsle sie nur ja nicht mit essbaren Pflanzen! Das ist kein Löwenzahn, kein Habichtskraut, keine Goldrute. Wild- und Weidetiere meiden sie, denn ihr Instinkt sagt ihnen, dass sie giftig sind. Und das gilt auch für dich!
Schwarze Kirschen
Dass auch die Tollkirsche giftig ist, das weißt du, stimmt‘s?
Pelzige, violette Glocken trägt sie. Hummeln und Bienen klettern hinein und rückwärts wieder heraus. Erfüllen ihre Aufgabe, zu bestäuben und für die Vermehrung der Pflanzen zu sorgen. Laben sich am Nektar. Sammeln den klebrigen Pollen.
Vergleich dich nicht mit ihnen, denen das Gift nichts tut! Gib acht, dass du die wunderhübschen Blütenkelche nicht mit den essbaren der Glockenblumen verwechselst! Denn das kann fatal für dich enden!
Ihre glänzend schwarzen Beeren präsentiert die Tollkirsche appetitlich auf sternförmig abstehenden Kelchblättern. „Nimm mich! Greif nur zu!“, scheint sie zu sagen. Und immer wieder fallen Menschen darauf herein. Kosten von der schwarzen Frucht, die nicht einmal so schlecht schmecken soll. Süßlich, leicht bitter und im Abgang adstringierend, das heißt zusammenziehend. Und ein pelziges Gefühl im Mund soll zurückbleiben. Was ich natürlich nur gelesen, und nicht selbst ausprobiert hab.
Die Giftzentralen haben jedes Jahr reichlich mit diesen Verwechslungen und Verlockungen zu tun. Und deshalb wurde sie 2020 auch zur Giftpflanze des Jahres gekürt.
Nierengold
Erst wenn du genau hinschaust, dann entdeckst du auch jungen Holunder. Genauso niedrig noch wie die Vogelbeersträucher, die du an ihren fein gesägten Fiederblättchen erkennen kannst. Manche davon färben sich schon herbstlich rot. Erdbeerblätter siehst du, die Ausläufer gebildet haben. Günsel, an dem noch die violetten Lippenblüten blühen. Und Echten Ehrenpreis, der mit sattgrünen Blättern am Boden entlang kriecht.
Und da ist dann auch die Gewöhnliche Goldrute. Dem Hain-Greiskraut ähnlich leuchtend gelb blühend. Von Insekten umschwirrt. Ihre Blüten kannst du wirklich naschen. Und die ganze Pflanze sammeln für deinen Nieren- und Blasentee. Harntreibend, entzündungshemmend und krampflösend wirkt er, ganz ohne die Nieren zu belasten. Im Gegenteil. Er steigert ihre Leistung sogar noch. Aber wenn du gerade erst anfängst, dann halte dich besser an die Kanadische Goldrute! Denn die ist mit ihren langen Wedeln wirklich unverwechselbar.
Am Forstweg am Rande der Lichtung haben ein paar Stauden schon die Blattrosette ausgebildet, mit der sie überwintern werden. Groß, stachelig und eng am Boden anliegend die der Kratzdistel. Fest, dunkelgrün und abstehend die des Feinstrahls. Pelzig behaart und mit hellen Flecken das Lungenkraut.
Heilkraft
Am Waldrand ein Stück weiter leuchten helle Birkenstämme. Neugierig geh ich darauf zu. Die Zeit der Birkenporlingsernte hat begonnen. Wirksame Heil- und Vitalpilze gibt’s nicht nur aus fernen Ländern zu kaufen. Die wachsen auch bei uns.
Meinen Freunden hab ich versprochen, das immunsystemstärkende Pulver mit ihnen zu teilen. Dafür reicht die letztjährige Ernte nicht. Also brauche ich mehr.
Von der abblätternden Rinde eines wohl toten Baums stehen sonderbare Pilze ab. Weiße Knollen, die sich zu Fahrradsattel-ähnlichen Gebilden auswachsen. Nicht die schmalen, modernen Kunststoffsättel mein ich. Mit Löchern zur besseren Durchlüftung versehen. Sonden die alten, breiten Ledersättel, auf denen noch das ganze Hinterteil Platz hatte. 😉
Sogar roh essbar sind diese jungen, weichen Baumpilze. Allerdings ziemlich bitter, was sich mit zunehmender Reife verstärkt. Als Speisepilz sind sie nicht wirklich zu empfehlen. Ich lass sie am Baum, bis sie genug Inhaltsstoffe angesammelt haben, um ihre Wirkung als Heilpilz zu tun.
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