Spaziergang am Bach

17. April 2023

Fülle

Jetzt ist wirklich Frühling! Trotz der anhaltenden Kälte. Jeden Tag zeigt sich die Fülle mehr. Ich klappere ein Sammelgebiet nach dem anderen ab. Was zeigt sich jetzt schon dort? Was kann ich sammeln? Und was darf ich noch erwarten? Ganz deutlich merke ich die Fortschritte, die ich im Laufe des letzten Jahres gemacht habe. Was springt mir nicht alles ins Auge, das ich im letzten Frühling noch gar nicht gekannt habe! Oder von dem ich nicht gewusst habe, dass ich es essen kann. Ich nasche von den Lärchen- und Kiefernknospen. So kurz vor dem Aufbrechen sind sie am besten. Richtig saftig und mit einem harzigen Aroma. Knospen und Blüten der Vogelkirsche schmecken herrlich nach Bittermandel. Und die jungen Triebe der Brombeeren sind jetzt noch ganz weich und kaum bestachelt. Der Kokosgeschmack der Knospen hat sich verflüchtigt. Doch ich mag sie immer noch, pur oder mit Gundermann, Günsel oder Klebsalbei. 

⇒ Was sind deine liebsten Wildpflanzen-Kombinationen?

Kiefernknospen
Kiefernknospen
Klebriger Salbei
Klebriger Salbei
Bachbunge
Bachbunge
Mädesüß im Bach
Mädesüß

Zimperliese

Ich folge einem kleinen Wasserlauf am Wiesenrand. Ganz schmal beginnt er. Fast versteckt im schon üppig wachsenden Gras. Direkt im Wasser wächst die Bachbunge. Die Triebspitzen frech nach oben gereckt lässt sie ihre Ausläufer in der Strömung treiben. Hier hab ich sie schon im Winter besucht. Nur wenige Spitzen konnte ich zupfen, denn der Rest steckte festgefroren im Eis. So ein kleines Pflänzchen. Und doch so stark und widerstandsfähig. Wenn ich daran denke, wie viel Aufwand die Gärtner mit ihrem Kulturgemüse betreiben. Vorziehen, umtopfen, aussetzen, Kälteschutz. Was für Zimperliesen sind diese “veredelten” Pflanzen! Zwar schön fürs Auge. Doch sie enthalten nur noch einen Bruchteil der wertvollen Inhaltsstoffe dieser unveränderten Wilden, die tapfer Wind und Wetter trotzen. Und die ihre Kraft an den weitergeben, der sie kennt und zu schätzen weiß.

Duftveilchen am Bachlauf
Duftveilchen am Bachlauf
Duftveilchen - nur echt mit violettem Sporn
... nur echt mit violettem Sporn
Vergissmeinnicht
Vergissmeinnicht
Blüten des Wiesen-Schaumkrauts
Blüten des Wiesen-Schaumkrauts

Süßes Mädchen

Auch das Mädesüß wagt sich weit vor. Es steht im Ufersand und lässt seinen roten Fuß vom Wasser umspülen. Doch so sehr es auch danach klingt: Sein Name hat anscheinend nichts mit einem süßen Mädel zu tun. Zwei Erklärungen werden am häufigsten genannt.  Mädesüß kommt von “Metsüße”, weil die Blüten früher zum Aromatisieren von Wein und vor allem Honigwein, Met, verwendet wurden. Oder “Mahdsüße”, weil die verwelkenden Blüten und Stängel nach dem Mähen einen betörend süßen Duft verströmen.

Die Herkunft eines anderen Namens dagegen ist gesichert. “Aspirin”, das weltbekannte Medikament, das zu den am häufigsten verschriebenen gehört, leitet sich von “a spirea” ab. Denn Spirea (oder Spierstrauch) wurde das Mädesüß früher genannt.  Und in seinen Blüten wurde der Wirkstoff des Aspirins entdeckt. Heute wird die Salicylsäure jedoch synthetisch hergestellt. 

Süß ist auch der Duft des Veilchens. Sein violetter Sporn und vor allem natürlich sein Geruch verraten, dass es ein echtes Duftveilchen ist. Kandiert waren diese zarten Blüten die Lieblingssüßgkeit der Kaiserin Sisi. Und noch heute werden sie nach Originalrezept zubereitet und  – vor allem touristisch – vermarktet.

Du kannst auch die zartblauen, manchmal rosafarbenen Blüten des Vergissmeinnichts essen. Sie sind allerdings mehr Dekoration als Gaumenfreude. 

⇒ Welche Blüten nützt du am liebsten als essbare Deko?

Wiesen-Schaumkraut
Wiesen-Schaumkraut
Blatt des Wiesen-Schaumkrauts
Blatt des Wiesen-Schaumkrauts
Bitteres Schaumkraut
Bitteres Schaumkraut
Kohldistel
Kohldistel

Scharfer Schaum

Auch das Wiesen-Schaumkraut direkt am Bachlauf hat wunderschöne Blüten. Zartrosa, mit feiner, violetter Maserung. Doch wenn du jetzt erwartest, dass sie genauso süß schmecken wie sie aussehen, dann wirst du sehr überrascht sein. Ein intensiver, kresseartiger Geschmack entfaltet sich auf deiner Zunge. Genauso wie beim Bitteren Schaumkraut. Schließlich gehören die beiden ja auch zur gleichen Familie, zu den Kreuzblütengewächsen. Und diese sind für ihren hohen Gehalt an scharfwürzigen Senfölglykosiden bekannt. Am besten steckst du dir gleich ein paar Blätter der Kohldistel in den Mund. Du kannst aber auch die Schlüsselblume nehmen, um die Schärfe etwas abzumildern. Wenn du einen pilzartigen Geschmack bevorzugst, dann sind die Blätter der Weißen Taubnessel das Richtige für dich. Ihre honigsüßen Blüten dagegen passen besser als Dessert. Ebenfalls nach Pilzen schmeckt der Spitzwegerich. Auch wenn sich sein Aroma erst durch Erhitzen so richtig entfaltet. Von ihm kannst du sogar schon die ersten schwarzen Blütenknospen knabbern. 

⇒ Hast du die braune Ähre auf dem letzten Bild schon einmal gesehen?

Das ist das Sporangium des Ackerschachtelhalms. In seinem Köpfchen reifen die Sporen, die dann vom Wind verbreitet werden und zu seiner Vermehrung beitragen. Auch diese Sporenähre passt zusammen mit Taubnessel und Spitzwegerich in die “falsche” Pilzpfanne.

Schlüsselblume
Schlüsselblume
Weiße Taubnessel
Weiße Taubnessel
Spitzwegerich
Spitzwegerich
Sporangium des Ackerschachtelhalms
Sporangium des Ackerschachtelhalms

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